Kunstsegelflug
bedeutet Ästhetik, Präzision und vor allem
Sicherheit
09.05.2005
(nic/s). Bei einer Geschwindigkeit von 230
Stundenkilometern in horizontaler Flugrichtung steigt die ASK 21
plötzlich weiter himmelwärts.
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Hinten gab Lehrer Manfred Binder
Anweisungen und Tipps, vorne konzentrierte sich Pilot Ingo
Hermann vom Segelfliegerclub Hirzenhain auf die zu fliegenden
Figuren. Hermann war einer von zehn Teilnehmern des
einwöchigen Lehrgangs im Kunstsegelflug in Hirzenhain. (Foto:
nic) |
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Eschenburg-Hirzenhain. Im
Cockpit sitzt hochkonzentriert der Hirzenhainer Pilot Ingo Hermann,
der nun den Zeitpunkt exakt abpassen muss, an dem er die Maschine um
180 Grad drehen muss, um dann auf dem Rücken gleitend die nächste
der vorgeschriebenen Figuren im Kunstsegelflug zu
fliegen.
"Rollenkehre" heißt die Figur, die er eben gerade am
Himmel gezeigt hat, nun gleitet die ASK 21 majestätisch durch die
Lüfte, bevor Ingo Hermann sein Fluggefährt wieder in den Normalflug
bringt. "Beim Kunstflug geht es darum, die Ästhetik und Präzision
der Fliegerei zu präsentieren.
Die Übergänge bei diesen für
die Prüfung geforderten verschiedenen Figuren müssen fließend sein",
erklären Michael Göst und Michael Rottland das Procedere des
Flugmanövers, das zahlreiche Zaungäste in der vergangenen Woche des
öfteren am - leider sehr oft wolkenverhangenen - Hirzenhainer Himmel
miterlebten.
Kür der Fliegerei
Eine Woche lang stand
bei einem Lehrgang auf dem Hirzenhainer Sonderlandeplatz die "Kür"
der Segelfliegerei - die hohe Schule des Kunstsegelflugs - für
insgesamt zehn Teilnehmer auf dem täglichen Stundenplan. Ingo
Hermann, Uli Lehmann, Tobias Hermann, Steffen Krause, Daniel Kunz
(alle vom SFC Hirzenhain) und Peter Schönauer (LSG Breitscheid)
gehörten zu den Anfängern dieser hohen Disziplin, deren Ziel es ist,
die Kunstflugberechtigung zu erwerben.
Eine Weiterbildung in
Sachen Kunstsegelflug machten Siegfried Hartner (Bottenhorn),
Thorsten Bernhardt, Henrik Bieber (SFC Hihai) und Heinz Dahl (LSG
Bayer-Leverkusen). Die Einweisungen in die Kunstflugtechnik
theoretischer wie praktischer Art übernahmen die Lehrer Michael
Rottland, Manfred Binder und Eugen Schaal sowie für die
Weiterbildung Jürgen Staus und Michael
Göst.
Leistungsabzeichen
Ziel der Fortgeschrittenen
bei diesem Lehrgang war es, das Leistungsabzeichen des
Segelkunstflugs in Bronze zu machen. Jeden Morgen fand ein Briefing
- eine Vorstellung des Tagesprogramms - statt. "In der Theorie
wurden die verschiedenen Figuren, die es beim Kunstsegelflug gibt,
durchgesprochen. Aber das ist wie mit dem Fahrradfahren: Das kann
man auch nicht nur in der Theorie lernen", beschreibt
Lehrangsteilnehmer Daniel Kunz den Lernprozess, der sich eben doch
sehr oft in der Luft abspielte.
Unermüdlich im Einsatz war
Pilot Günter Müller, der die Teilnehmer mit dem Motorflugzeug auf
1300 Meter schleppte. "Mit der Winde kommen wir höchstens auf 400
Meter hoch. Der F-Schlepp soll die Konzentration fördern, dann
können wir uns ganz auf die Figuren konzentrieren", erklärt Daniel
Kunz. Worauf es bei diesen Figuren ankomme, machte Daniel Kunz mit
einem Vergleich auch für Laien deutlich: "Der Kunstsegelflug hat ein
bisschen was von einem Kürprogramm im Eiskunstlauf", stellte er
fest.
"Das ist eine ganz andere Fliegerei", betont er mit
leuchtenden Augen. Die besondere Herausforderung und auch die größte
Schwierigkeit bestehe bei dieser Disziplin für die Piloten vor allem
im Orientierungsvermögen, beschreibt der deutsche Vize-Meister
Michael Göst. Normalerweise bewege ein Pilot sein Fluggefährt 30
Grad um jede der drei Achsen (Quer-, Längs- und
Hochachse).
An Grenzen gehen
Ein Kunstsegelflieger
müsse für jede dieser Achsen die Kontrolle im Bereich von 360 Grad
haben. Die Piloten haben gelernt, die Grenzflugzustände ihrer
Maschinen kennen zu lernen und das Fluggefährt in den Grenzen zu
bewegen, für das es zugelassen ist, erklärte Göst. "Sie haben
außerdem gelernt, das Flugzeug in jeder Fluglage zu beherrschen",
beschrieb er.
Dabei gehe es nicht nur um den Aspekt der
Ästhetik, sondern hier stehe vor allem die Sicherheit im
Vordergrund. Wer den Kunstsegelflug beherrsche, könne auch in
brenzligen Situationen angemessen reagieren und Unfälle vermeiden,
betonte Göst.
Bis zur Wochenmitte hatten die Anfänger rund 50
Starts absolviert, zur Verfügung standen neben dem vereinseigenen
ASK 21 eine Maschine des gleichen Typs vom Förderverein für
Segelkunstflug des Baden-Württembergischen Landesverbands und eine
Fox der LSG Paderborn von Eugen Schaal. Die Wetterbedingungen hätten
wahrlich günstiger sein können, meinten die beiden
Nationalmannschaftspiloten Rottland und Göst.
Starke Winde
und Regen machten den Fliegern das Leben nicht gerade leicht. Das
Prüfungsprogramm bestand aus verschiedenen Turns, Loopings und
Rollen. Nach dem einwöchigen Lehrgang stand für alle Beteiligten
fest: Kunstsegelflug ist wirklich die Kür der
Fliegerei.
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